Bewaffnete Kuriere und Satellitenüberwachung für Porzellan

Neues von der größten Porzellanausstellung, die es je in Europa gab:
„Königstraum und Massenware. 300 Jahre europäisches Porzellan“

Es sind nicht gerade die Kronjuwelen. Doch was derzeit an ehemals kaiserlichem und königlichem Porzellan aus allen Ecken Europas seine Reise ins größte Porzellanmuseum des Alten Kontinentes antritt, verlangt ähnlich spektakulären Sicherheits- und Transportaufwand. Die Logistik und Facility Reports zu „Königstraum und Massenware. 300 Jahre europäisches Porzellan“ halten derzeit das Kuratorenteam im Porzellanikon Selb und Hohenberg a. d. Eger in Atem.

Warum beispielsweise das Geschirr aus dem Ordensservice von Katharina der Großen in garantiert wasserdichten und wärmeregulierten Holzkisten reisen muss, bleibt das Geheimnis des leihgebenden Museums in St. Petersburg. Der Hauptkustodin der Großausstellung „Königstraum und Massenware. 300 Jahre europäisches Porzellan“ jedoch, treibt es den Schweiß auf die Stirn: „Dass wir Angaben über die Federung und Art der Bereifung der Fahrzeuge machen müssen, ist noch einzusehen“, sagt Petra Werner.

„Auch die Abmaße der Transportautos und detaillierte Informationen über das Sicherheitssystem und die Alarmanlagen des Porzellanikons, die Ausbildung und Schulung des Begleitpersonals, Angaben über die Sicherheitsgläser in den Vitrinen, das leuchtet mir ein. Wenn man jedoch beispielsweise Aufzeichnungen der dort installierten Hygrometer aus den letzten Monaten verlangt, wird’s schon schwieriger.“

Illuster sind auch die Anforderungen, die die Sicherheit der Stücke auf der Reise garantieren sollen. Die frühen Porzellane aus Neapel beispielsweise werden von bewaffneten Kurieren bis zur Landesgrenze begleitet. Ebenso werden das Porzellan aus dem Krakauer Königspalast oder die russischen Leihgaben von bewaffneten Eskorten begleitet. Doch verlangen die italienischen Kollegen beispielsweise darüber hinaus eine Satelliten gestützte Diebstahlüberwachung der weiteren Route bis zur Ankunft im Porzellanikon. „Täglich stehen wir vor neuen Überraschungen“, gibt sich die Kuratorin nervenstark. „Bei einer Gesamtversicherungssumme von etwa 25 Millionen Euro kann man sich vorstellen, dass da manches zusammenkommt.“ Darüber hinaus brauchen beispielsweise die Kuratoren aus den USA eine vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst unterzeichnete Staatsgarantie darauf, dass man die entliehenen Stücke auch gewiss wieder zurückgeben wird. Und ganz kompliziert wird es, wenn es etwa um Stücke aus dem Victoria and Albert Museum geht, wo man ein einziges Exponat schon mal mit einem Wert von 692 400 € beziffert.

Stücke aus dem persönlichen Service des Napoleon kommen aus Fontainebleau, ein Stück Porzellan aus dem Besitz des Francesco di Medici aus Sèvres, gar die Reisetoiletten des Habsburger Monarchenpaares Franz Josef und Elisabeth „Sissi“ von Österreich und Ungarn aus Barcelona – bei einem Ausstellungsvolumen von gut 1000 Exponaten hat man Leihgaben von 100 europäischen Museen aus 17 Nationen dabei, darunter viel Weißes Gold aus den ehemaligen Herrscherhäusern des Kontinentes. Die größte Porzellanausstellung, die es je in Europa gab, fordert eben auch den größten Aufwand, den man sich denken kann …

Infos unter:
Porzellanikon Selb und Hohenberg a. d. Eger

Bildunterschriften:
1 Waschset Ludwig II, 1882-84, Bone China, Entwurf: Julius Hofmann, Villeroy und Boch
2 Bidet der Kaiserin Elisabeth „Sissi“ von Österreich und Ungarn, um 1997-89, Carl Knoll Carlsbad

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