Keramikausstellung Mia Llauder & Joan Serra im Stadtmuseum Siegburg

Noch bis zum 03. September 2022 zeigt das Stadtmuseum Siegburg Keramikarbeiten von Mia Llauder und Joan Serra.

Die freien Keramiken haben auf den ersten Blick einige Gemeinsamkeiten. Dennoch geht das Paar künstlerisch eindeutig getrennte Wege.

Joan Serra arbeitet mit Porzellan und Schwarzerde, kombiniert mit Blähton, Schaumstoff oder Gold. Dabei geht es ihm um die unterschiedlichen Prozesse der Veränderung, denen das jeweilige Material während des gemeinsamen Brennvorganges ausgesetzt ist.

In einer Werkgruppe arbeitet Serra in geometrische Formen Blähton-Kugeln ein und überzieht das gesamte Objekt mit einer Porzellan-Engobe. Der Blähton unterliegt im Brennprozess völlig anderen Bedingungen als Ton und Porzellan. Unter der extremen Hitze nach außen getrieben, durchschlagen die Kugeln die Außenhaut der Objekte, brechen – Flächen und Kanten ignorierend – aus den Kuben hervor, quellen an die Oberfläche und durchsetzen die Porzellanhaut wie Erdklumpen eine winterliche Eisfläche. Die glatte Porzellanhaut bekommt Risse und scharfkantige Grate – Verletzungen, die das eigentlich harte Material sensibel und fragil wirken lassen.

In einer andern Werkgruppe kombiniert Serra Porzellan und Schwarzerde, die unterschiedliche Brenntemperaturen verlangen. Der gemeinsame Brand provoziert Reaktionen des Materials, die man „normalerweise“ vermeiden möchte.

Es geht Serra um das sinnliche Ausloten der veränderlichen Prozesse unterschiedlich determinierter Materie unter gleichen brenntechnischen Bedingungen und um die Diversität der Ergebnisse bei gleichbleibender Konstellation eines eng umrissenen Materialkanons. Der unter wissenschaftlich-physikalischer Betrachtung bestehende Konflikt der Massen fördert unter künstlerischer Anwendung erstaunliche Ergebnisse zutage.

Von gleicher Farbigkeit und doch viel leichter und verspielter nehmen sich die Arbeiten von Mia Llauder aus.
Sie schneidet und modelliert Porzellan, gewunden, glatt, weiß glänzend, matt, rot emailliert, schwarz oder vergoldet, zu einem eigenen seriellen Formenkanon, aus dem sie ihre individuelle lyrische Syntax entwickelt.

Wo Serra Masse im Sinne von Materie und Gewicht einsetzt, tut Llauder dies im Sinne von Menge und Vielfalt. Sie kombiniert ihre Porzellanstücke auf additive Weise mit allerlei anderen Materialien, Stoff, Tüll, Gummi, Stoffbändern, Wollfäden, Draht, Spülschwämmen oder Wachstuch – der kombinatorischen Vielfalt scheinen keine Grenzen gesetzt zu sein; dennoch bewegt sich auch Llauder in einem stilistisch klar umrissenen, wiedererkennbaren Formenkanon: weiße Porzellanplättchen, Schildchen, Ringe oder „Knöpfe“ sind auf textilen Grund geheftet, gestickt, genäht oder gedrahtet.
Mit Draht und Fäden verknüpfte Stäbchen oder Ringe ergeben filigrane amorphe, graphische oder architektonische Gebilde, die zauberhafte Schatten werfen.

Einige Objekte lassen sich in ihrer Form verändern, ballen oder strecken, legen oder hängen. Dabei ergibt das Formenspiel bisweilen ein zartes klangliches Erlebnis, wenn die filigranen Stäbchen in der Bewegung leise aneinander schlagen wie ein Windspiel. Das spielerische, auch heitere Moment ist für Llauder essenzieller Antrieb beim Experimentieren mit immer wieder neuen Konstellationen von Prozellanstücken und stofflicher Textur.

In den divergenten und zugleich verbundenen Positionen von Joan Serra und Mia Llauder ist vor allem die Lust am Erproben immer neuer Möglichkeiten zu spüren, die zunächst vom technisch Machbaren ausgehen, die bei beiden aber immer wieder zu neuen, überraschenden Ergebnissen führen. Dominiert bei dem einen augenscheinlich das Prozessuale in der Handhabung der Masse, bei der anderen dagegen das Spielerische in der Kombination der Materialvielfalt, so liegt beiden Positionen die Wirkung der Kontraste zugrunde. In diesem Sinne ergänzen sich die Werke von Joan Serra und Mia Llauder auf sehr sinnliche und stimulierende Weise.
(Text: Dr. Gundula Caspary M.A., Leiterin des Stadtmuseums Siegburg)

Ausstellungsdauer:
10. Juli – 03. September 2022

Öffnungszeiten:
Di bis Sa 10.00-17.00 Uhr
So 10.00-18.00 Uhr

Veranstaltungsort:
Stadtmuseum Siegburg
Markt 46
53721 Siegburg
Tel 02241 1027410
www.stadtmuseum-siegburg.de

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