Gemeinsam sind wir stark!
10 Jahre Partnerschaft zwischen dem Porzellanikon und dem LWL
„Man braucht Netzwerke, wenn man bestehen will!“ Die das sagt, weiß, wovon sie redet: Es ist die Kulturdezernentin des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), Dr. Barbara Rüschoff-Thale. Gemeinsam mit der langjährigen Vorsitzenden des Landschaftsverbandes der LWL-Landschaftsversammlung, Maria Seifert, stattete sie dem Porzellanikon in Oberfranken jetzt einen zweitägigen Besuch ab.
Es war mehr als ein lange geplanter „Antrittsbesuch“ der Dezernentin, die 2008 Prof. Dr. Karl Teppe als Dezernentin für Kultur nachfolgte. Denn es sind im September genau zehn Jahre, dass der Zweckverband Deutsches Porzellanmuseum und der Landschaftsverband Westfalen-Lippe 1999 einen Partnerschaftsvertrag schlossen. „Der Ausgangspunkt war damals eine schon fünfzehn Jahre währende enge Kooperation zwischen dem zum Porzellanikon gehörenden Europäischen IndustrieMuseum für Porzellan in Selb und dem LWL-Industriemuseum Dortmund“, erinnert sich der Direktor des Porzellanikons, Wilhelm Siemen. Und Maria Seifert beschreibt die daraus erwachsene vertragliche Partnerschaft als „logische Folge der jahrelangen guten Zusammenarbeit“.
1981 integrierte der LWL die Zeche Zollern in sein Landesmuseum für Industriekultur, das erste und größte Industriemuseum Deutschlands mit acht Standorten. Als man sich in Selb kurz danach mit dem Gedanken anfreundete, die ehemalige Rosenthal Porzellanfabrik als Bayerns erstes Industriemuseum umzunutzen, konnte hier ein Pionier dem anderen helfen. Von etwaiger Konkurrenz konnte keine Rede sein: „Beide im Aufbau befindliche Institutionen haben von dem Austausch profitiert und voneinander gelernt“, berichtet LWL-Vorsitzende Seifert. Und sie scherzt: „“Bei Ihnen hier in Oberfranken geht es ums Weiße Gold – wir hingegen haben’s mit dem bei uns so genannten Schwarzen Gold zu tun, der Kohle – das passt doch wunderbar!“
Synergien gibt es viele. Beispielsweise hat man Ausstellungen voneinander übernommen, einen Schriftentausch vereinbart, und als das Porzellanikon 1991 das Zentralarchiv der Deutschen Porzellanindustrie gründete, war das Westfälische Wirtschaftsarchiv beratend beteiligt. Gemeinsam erschließt man sich Fördermittel. „Das ist“, so Dr. Rüschoff-Thale, „erfahrungsgemäß bedeutend einfacher, wenn man bundesländerübergreifend verfahren kann.“ „Tief beeindruckt“ sei sie vom Engagement des Museumsteams in Selb und in Hohenberg a. d. Eger. Die enge Verzahnung des Museums mit der Industrie findet sie „vorbildlich“. „Das Museum lebt dadurch, so etwas gibt es in NRW nicht“, lobt die Kulturdezernentin. Auch, dass zum Thema Porzellan alle Facetten seiner Anwendung abgedeckt sind, begeistert sie: „Ich sehe hier zukunftsweisende Konzepte.“
Sie, die bei ihrem Amtsantritt forderte, dass „die Vermittlung von Kultur auf eine attraktive, erlebnisreiche und lebendige Art geschieht“, zeigt sich überzeugt von der medialen Aufbereitung der Museumsinhalte oder etwa davon, dass man im Porzellanikon Erlebnisbereiche aufgebaut hat, wo Besucherinnen und Besucher selbst Hand anlegen können. Auch, dass man bspw. eine Ausstellung wie die derzeitigen „Berührungen mit Meissener Porzellan®“ konzipierte, die ganz bewusst auf sehbehinderte Mitbürgerinnen und Mitbürger eingeht, begeistert Dr. Rüschoff-Thale, die den insgesamt 17 Museen im LWL vorsteht. „Das Porzellanikon, jedes Museum, das sollen soziale Orte, Orte für die ganze Familie sein – keine Gedenkstätten“, bekräftigt hier Wilhelm Siemen seinen Ansatz.
„Kultur ist ein wichtiger Standortfaktor“, ist sich Maria Seifert mit den beiden anderen einig. „Wenn sich bspw. Firmen ansiedeln wollen, sind Fragen nach der Schuldichte und dem kulturellen Angebot in der jeweiligen Region entscheidend. Unsere beiden Regionen – Oberfranken und Westfalen-Lippe – verfügen mit ihrem sehr eigenen industriekulturellen Erbe über Alleinstellungsmerkmale. Das sollte man als Chance nutzen.“
„Doch das ist nicht zum Nulltarif zu machen. Mehrwert kostet was, wir können die Kultur nicht beliebig aushöhlen“, gibt sich Dr. Rüschoff-Thale energisch. Sie verweist auf Studien, die gekoppelt an den Wegfall kultureller Aktivitäten, den Niedergang ganzer Landstriche belegen. Mit ihrer Forderung nach Verknüpfung von Tourismus und Kulturarbeit ist Rüschoff-Thale mit Wilhelm Siemen einer Meinung. In diesem Sinne seien auch die Anstrengungen im Zusammenhang mit der für 2010 geplanten Großausstellung „Königstraum und Massenware. 300 Jahre europäisches Porzellan“ zu sehen. „Ein mehr als beeindruckendes Projekt“, waren sich hier die Museums-Profis aus NRW einig.
Für ein eigenes Ausstellungsvorhaben konnten sie, ganz ungeplant, bei ihrem Besuch im Porzellanikon noch ein Highlight ergattern: Eine Vase von Otmar Alt sprang ihnen im Zimmer des Direktors ins Auge. Und da man in Herne im Augenblick eine Ausstellung mit Werken des Künstlers vorbereitet, war der Beweis einer unkomplizierten und auch nach zehn Jahren höchst lebendigen Partnerschaft schnell erbracht: Flugs griff der Direktor ins Regal und mit einem Versicherungsschein und einer guten Verpackung versehen, entschwand des gute Stück als „Leihgabe des Porzellanikons“ mit dem Besuch in Richtung Norden.
Infos unter:Â Porzellanikon